Donnerstag, 10. März 2011

Anwaltsgehälter - ein Trauerspiel?

In der Diskussion um die Höhe von Einstiegsgehältern für angestellte Rechtsanwälte ist mir gerade noch eine Kleinigkeit aufgefallen, die mich dann doch noch ein wenig nachdenklicher stimmt, als ich sowieso schon bin. Dazu hier folgende Beispielrechnung:

Ein Berufsanfänger erhält als Rechtsanwalt beispielsweise ein Einstiegsgehalt von 40.000,- im Jahr. Dies sind abgerundet 3.333,- Euro im Monat. Bei 20 Arbeitstagen im Monat (meist sind es mehr) sind es am Tag 166,65 Euro. Bei einem 8-Stunden-Tag sind es dann sage und schreibe ganze 20,83 Euro pro Stunde - und damit fast genau einen Euro weniger als der Stundenlohn eines angestellten Tanzlehrers. Also doch lieber Gitarrenlehrer werden und 30,- Euro die Stunde einstreichen?

Update: aus gegebenem Anlass wollte ich nochmals kurz auf die Umfrage zum Thema "Einstiegsgehälter für Berufsanfänger" hinweisen. Ich würde mich freuen, wenn noch der ein oder andere daran teilnimmt. Danke schon mal im voraus!

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18 Kommentare:

  1. Machen Sie Jura des Geldes wegen? Dann sind Sie in dem Studium falsch!

    Man kann eine Menge Geld verdienen, aber meist nur, wenn man brillant ist. Und man muss strukturiert denken könne - das lässt der Beitrag leider vermissen. Erstens: Der Tanzlehrer verdient dasselbe Geld noch mit 65 Jahren. Zweitens: Als Anwalt sind Sie nach dem zweiten Staatsexamen nur ein Anfänger. Ein blutiger. Sehr blutiger. Anders als der Tanzlehrer: Ohne Kenntnisse, Fähigkeiten und allenfalls mit Potential, während der Tanzlehrer alles kann, was er braucht und nur noch Erfahrung sammelt. 3-4 TEUR für jemanden, der ausildungsbedingt nichts kann oder im anwaltlichen Mittelstnd anrückt und meint, er könne theoretische Kartellfälle bearbeiten, ist eine enorme Investition. Drittens: Nach 2-5 Jahren Lehrzeit ist entweder klar, dass Sie eine anwaltliche Pfeife, gleichwohl ein großartiger Mensch sind und den Job wechseln sollten, oder Sie machen Ihre Karriere. Der Einstieg ist überwiegend deshalb so schwer, weil es ausbildungsbedingt an jeder Weichenstellung für eine Berufswahl fehlt. Wenn Sie mehr Geld früher wollen, sollten Sie nach dem ersten Examen nur noch eines machen. In Kanzleien arbeiten. Dann wissen Sie bald, ob der Job der richtige für Sie ist. Wenn ja, müssen Sie sich anfäglich auch nicht mit solchen Einstiegsgehältern begnügen. Außerhalb von Großkanzleien bekommen Sie jedenfalls kein Geld nur für Examensnoten, in Großkanzleien nicht sehr lange. Eine Menge anderer Faktoren sollten eben hinzutreten.

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  2. Ich glaube nicht, dass der Gitarrenlehrer auf 3.300 Euro im Monat kommt...

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  3. Lieber Herr Reuter, vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich stimme mit Ihrer Aussage voll überein. Was mich einfach ein wenig frustriert, ist Folgendes:

    Mit einem Doppel-Prädikat, das man mit 2x 9 Punkten erreicht, stehen einem gleich zu Beginn des Berufslebens Einstiegsgehälter von 80.000 und mehr offen. Wenn man jetzt aber zum Gros der Absolventen gehört, das vielleicht knapp oder deutlich unter diesen Voraussetzungen liegt, so scheint es irgendwie kein Mittelfeld zu geben, was die Gehälter anbelangt.

    Der Bereich zwischen 50.000 und 80.000 Euro scheint so gut wie nicht zu existieren. Nehmen wir mal einen Kandidaten mit 2x 8 Punkten. Der müsste eigentlich rein rechnerisch irgendwo in diesem mittleren Bereich anzusiedeln sein. Aber Pustekuchen.

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  4. Guten Abend,

    die Diskussion um die Einstiegsgehälter verdeckt seit einigen Jahren ein Problem, das mit einem falschen Verständnis von "Rechtsanwaltschaft" zusammenhängt:

    Ein Anwalt übt nach dem berufsrechtlichen Leitbild einen freien Beruf aus. Dennoch scheint sich die jüngere Anwaltschaft als reine angestellte Anwälte zu verstehen. Gleichzeitig erwarten Arbeitgeber nicht selten von diesen Mitarbeitern ein Berufsverständnis, das zeitlich und organisatorisch eher dem eines Selbständigen entspricht. Nicht nur deswegen bieten gute Kanzleien Berufseinsteigern eine Perspektive, innerhalb derer die Möglichkeit einer Partnerschaft besteht- mit allen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen.

    Ihre Tanz- und Gitarrenlehrer-Beispiele greifen diese Thematik auf, oder gehen Sie davon aus, dass diese ebenfalls als Angestellte arbeiten?

    Jetzt werden Sie, sehr geehrter Kollege Reuter, zu Recht einwenden, dass mit den genannten Überlegungen noch nichts über das Einkommen eines selbständigen Anwalts gesagt ist. Schaut man sich die finanzielle Struktur einer "Durchschnittskanzlei" in einer mittleren Stadt an, so wird mancher Berufseinsteiger verwundert sein, dass sich ein Kanzleiinhaber über regelmäßige monatliche Einkünfte iHv 3.333 Euro durchaus freuen würde.

    Im Übrigen ist das Berufseinsteiger-Beispiel ebenso optimistisch gewählt: Das Durchschnitts-Brutto-Gehalt dürfte nach meinen Erkenntnissen bei ca 2.500 bis 2.700 Euro liegen.

    Statistken sind selbstverständlich mit Vorsicht zu genießen:

    "Warum ist denn Professor Schmidt im Bach ertrunken?"
    "Naja, er war Statistiker."
    "Und Statistiker können nicht schwimmen?" "Doch, im allgemeinen schon."
    "Warum ist er denn nun ertrunken?"
    "Ganz einfach, statistisch gesehen war der Bach nur 10 cm tief..."

    Freundliche Grüße aus Köln

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  5. Ergänzend sei angemerkt:

    Auch Großkanzleien stellen, unter gewissen Voraussetzungen, Bewerber ohne Doppelprädikat ein. Dies ist natürlich nicht die Regel.

    Stellenanzeigen sind ebenso Werbung, deswegen bezahlt man für sie.

    Auch manche Law-Boutique zahlt ein Gehalt, welches weit über dem Durchschnitt liegt.

    Zahlen sagen nichts über Ihre persönliche Situation aus. Jeder im Markt agierende Unternehmer sucht qualifiziertes Personal. Qualifikation bemisst sich nicht allein nach der Note. Vielen fehlt es eher an eigenem Engagement, Leidenschaft und Zielsetzung- jenseits von Uni und staatlich alimentierter Ausbildung.

    Bewirbt man sich auf eine Stellenanzeige, konkurriert man nicht selten mit über 100 Bewerbern. Man darf sich nicht wundern, wenn dann die Note als Maßstab für die kreisrunde Ablage dient.

    Sehr hilfreich zu all diesen Themen:
    "DAV-Ratgeber für junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte" (5 Euro)

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  6. Mein Einstiegsgehalt lag bei geschlagenen 2.200 EUR brutto - also unter dem derzeit vieldiskutierten Einstiegsgehalt der Lokführer bei der DB. Konsequenz: Ich bin seit einigen Jahren selbständig und lebe bisher sehr gut damit. Natürlich steigt das Risiko - aber gleichzeitig auch die Motivation. Mehrarbeit rentiert sich unmittelbar. Daher mein Tipp: nur Mut zum wirklich "freien Beruf".

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  7. Der beste Gag des Jahrhunderts:
    "Man kann eine Menge Geld verdienen, aber meist nur, wenn man brillant ist. Und man muss strukturiert denken könne - das lässt der Beitrag leider vermissen."

    Klar, es existiert ja empirisch bekannter Maßen eine Kausalität und oder Korrelation zwischen Einkommen und "Brillanz"! Hahaha! nach ihrer Aussage müssten dann unzählige Anwälte brillant sein!
    Ich erspare mir seriöser Weise nun einen (empirischen) Rückschluß auf Grundlage ihrer Aussage heirauf auf ihre Kompetenz zu machen.

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  8. Tja, es sollte halt von den teuer bezahlten Professoren zu Beginn des Studiums mitgeteilt werden, dass der bequeme und gut bezahlte Staatsdienst nicht 90 % der Absolventen aufnimmt, nicht 50 %, auch nicht 10 %, sondern noch weniger.

    Und dazu die Einstiegsgehätlter für RAe, die nicht bei 40.000 im Jahr, sondern sogar noch darunter liegen können, benennen.

    Dann hätte sich so mancher die jahrelange Quälerei gespart, um dann vielleicht als Notlösung Anwalt zu werden,

    Gitarrenlehrer ist auch ein ordentlicher Beruf.

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  9. @Anonym 11.3., 10:26 Uhr: Da haben Sie nicht genau hingesehen. Was aus verständlichen Gründen jeden bewegt, ist die Frage nach dem Korrelat zwischen Note und Einkommen. Wenn Sie ein Anstellungsverhältnis wollen, ist das unbestreitbar. Sind Sie notenseitig brillant, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen (Einschränkungen unten). Ob man dann ein brillanter Intellektueller oder Mensch ist, hat damit nichts zu tun.

    @ Steuermann Köln: Da ist viel Wahres dran. Der klassiche Anwalt ist ein freier Beruf. Er ist aber vor allem ein Beruf. Ein zweites Staatsexamen ist indes keine Berufsausbildung. Klassische Anwälte bekommen also Absolventen mit Kenntnissen, aber ohne Berufsausbildung. Da kann man nicht erwarten, dass allzu viel bezahlt wird. Das Großkanzleigeschäft ist anders.

    Dass es da keinen Mittelweg gibt, kann man natürlich bedauern. Aber es war vor der Zeit der Großkanzleien auch stets so, dass die Angestelltenzeit eine reine Lehtrzeut war - Anwälte im Arbeitsverhältnis mit 40 Jahren gab es da nicht, die waren Partner geworden oder hatten den Beruf gewechselt. Die Erwartungshaltung ist deshalb heute in der Tat etwas überzogen. Geändert hat sich trotzdem nichts - suchen Sie mal in einer Großkanzlei einen Angestellten im Alter von 40. Wird schwer. Der Anwaltsberuf taugt also wirklich - vielleicht leider - nicht für den üblichen Absolventenvergleich.

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  10. @Wolf Reuter: Dass Ihr Einwand ("keine Berufsausbildung") berechtigt ist, zeigt insbesondere die vom DAV ins Leben gerufene LL.M.-Anwaltsausbildung (http://anwaltverein.de/berufsstart/dav-anwaltausbildung).

    Es bleibt nach wie vor ein Armutszeugnis, dass eine umfassende Reform mit dem Ziel, frühzeitig eine berufliche Weichenstellung anzubieten, nicht in Sicht ist.

    Hierzu sei auf die Ausführungen des ehem. Präsidenten des DAV Dr. Streck verwiesen:

    "Richtig ist, den Zeitpunkt der Berufsentscheidung um Jahre vorzuverlegen. Heute entscheidet die 29-Jährige oder der 30-Jährige, welchen Berufsweg er/sie gehen soll. Das ist zu spät. Das ist diesen Menschen gegenüber, man kann kaum von jungen Menschen sprechen, unverantwortlich. Die Entscheidung muss er mit 25 Jahren treffen können." (aus "Beruf: AnwaltAnwältin")

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  11. Anwälte und Geld, na prima. Fragen Sie mal bei Architekten was die so verdienen. Ohne Job ganz oben wird es nichts in einer derart überlaufenen Branche.
    Ich würde ja einen akquisestarken Mitarbeiter einstellen. Jeden Tag eine gemütliche Kündigungsschutzklage ab 20.000 Gegenstandswert, die er (sie) selbst abarbeitet und wir kommen großzügig jeseits der 60.000 ins Geschäft.

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  12. "der bequeme und gut bezahlte Staatsdienst"...haha, der war gut, vor allem, was die Bezahlung angeht...

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  13. @Vorredner:

    völlig korret. Als Richter steigt man in der Besoldungsgruppe R1 ein. Ein 29-jähriger Richter würde demnach 3387,57 brutto im Monat bzw. 40.650,84 Euro im Jahr verdienen.

    Bei einer Behörde steigt ein Volljurist regelmäßig mit A13 ein (das was auch ein Realschullehrer bei Berufsbeginn verdienen würde). Das sind dann 3.477,73 brutto im Monat bzw. 41.732,76 Euro im Jahr.

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  14. Naja, da gibt es aber weniger Abzüge. Hab z.B. mal für mich ausgrechnet (34 Jahre), dass ich etwa bei 2400 netto als Einstiegsgehalt rauskommen würde, und am Ende kurz vor der Rente (bei Zugrundelegung von verheiratet/2 Kinder) bei knapp 4.000 Euro netto wäre. Das muss man in der freien Wirtschaft erstmal verdienen ..

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  15. An Abzügen fallen v. a. Renten- und Arbeitslosenversicherung weg. Beiträge zur PKV bei 50% Beihilfe liegen für den Berufsanfänger etwa in der Höhe derer für die GKV (ca. 200,00 € statt ca. 15%).

    Auch Beamte und Richter zahlen entgegen hartnäckiger Gerüchte Steuern, und zwar dieselben wie jeder "normale" Arbeitnehmer auch.

    Der Beamte/Richter hat insofern einen Vorsprung von ca.:
    09,95% Rentenversicherung
    01,50% Arbeitslosenversicherung
    11,45% weniger Sozialversicherung

    @ Admin
    Bei A13 kommt noch die Stellenzulage (Niedersachsen: 76,40 € pro Monat). R1 liegt bei Ihnen interessanterweise unter A13; da stimmt etwas nicht. R1 ist im Ergebnis in der Regel eher mehr. Bei R1 muss man außerdem berücksichtigen, dass es steiler steigt - mit einem Besoldungsalter von 49 liegt R1 zwischen A15 und 16 - dafür müsste man in der Verwaltung schon ordentlich Karriere gemacht haben, während der Richter ohne weiteres hochgestuft wird.

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    1. Sie vernachlässigen da aber ganz entscheidend das Einkommen ab dem 65. Lebensjahr.

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  16. P. S.: A13 ergibt nach Abzug aller regulären Steuern und Abgaben bei mir (32, Niedersachsen, ledig, keine Kinder) so viel wie ein Gehalt von ca. 54.000,00 € als Arbeitnehmer.

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  17. Einen realistischen Einblick in die Einstiegsgehälter für Anwälte gibt www.anwaltsblatt-karriere.de.
    Ich vermisse ebenfalls das Mittelfeld zwischen 35.000 Euro und 80.000 Euro. Wenn man sich mit der Kostenstruktur einer kleinen Kanzlei, dem RVG und den Sozialabgaben beschäftigt, wird allerdings klarer, wie dieser Unterschied zustandekommt.

    Beste Grüße
    AB

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